Montag, 5. Januar 2015

Plötzlich sollen an allem nur die Hormone Schuld sein

Gefühlsachterbahn. Tosende Endorphine und schwarze Wolken gleichzeitig am Seelenhimmel. Jeder weiß, dass eine Schwangerschaft eine enorme Hormonumstellung bedeutet.
Aber ist einer Frau das wirklich so bewusst? Also weiß man wirklich, was da auf einen zukommt? Mit Sicherheit nicht. Ich dachte ich wüsste es. Ich gehöre zu den Frauen, die stark an PMS leiden. Ich bin zwar Gott sei Dank von fiesen Schmerzbeschwerden einigermaßen verschont geblieben (mal ein Krämpfchen hier und da, Rückenschmerzen und so... aber höchstens so, dass noch keine Medikamente erforderlich sind. Es reicht lediglich zum Jammern- aber darin bin ich auch weltklasse), aber uhhhh meine Stimmungsschwankungen. Nehmt euch in Acht liebe Männer. Und Frauen. Freunde, Familienmitglieder und Passanten. Das PMS- Monster kennt kein Pardon... Da kann man schonmal die Nerven verlieren, wenn der Tee zu stark gesüßt ist. Oder zu wenig. Oder wenn man keine Süßigkeiten im Haus hat, oder die falschen. Das Lieblingseis ausverkauft ist, man wiedermal viel zu fett in der Lieblingsbluse aussieht (doofe Wassereinlagerungen!), oder auf der Straße jemand komisch guckt [...] Ich könnte ewig so weiter machen. Da gäbe es einiges, was ich aufzählen könnte.

Und wenn man plant schwanger zu werden, ist einem durchaus gewiss, dass es in dieser Zeit ähnlich werden könnte. Nur die Tragweite war mir ehrlich gesagt nicht bewusst. Wie denn auch?
Gut. Begünstigt durch die Schwangerschaft traten bei mir auch wieder die Depressionen auf. Das ist nochmal ne andere Hausnummer. Es war aber nicht immer zu erkennen, ob mich nun a.) Schwangerschaftshormone, b.) Depressionen, oder c.) die ganz normale Zickigkeit, die einer jeden Frau zusteht lenkten. Das machte es nicht einfach. Nicht für den Freund, aber am allerwenigsten wohl für mich. Ich habe es gehasst, wenn mein Verhalten mit Schwangerschaftshormonen "entschuldigt" wurde. Ich hätte ausflippen können. "Nein Schatz. Das hat jetzt rein gar nichts damit zu tun. Ich fänd Dein Verhalten auch im Normalzustand zum kotzen und wäre auch unschwanger völlig zu Recht wütend".
Plötzlich ist an allem immer das heranwachsende Etwas in einem Schuld.
Ich erinnere mich an eine Situation, wo mein Freund vor seinen Kollegen (meinen Ex-Kollegen) etwas Doofes gesagt hat, worüber ich mich geärgert habe. Wir standen an der Kasse im Supermarkt und besorgten grad ein paar Snacks für das bevorstehende Fussballspiel, welches wir uns alle gemeinsam im Büro ansahen. Von mir kam sofort ein Konter, wie immer. Aber plötzlich hieß es: "Uuuhhhhh die Schwangerschaftshormone" und :"Uiuiui Du Armer, Du hast es sicher nicht leicht". Pfff. Trottelköpfe. Spätestens DANN traten die Hormone auf und überwalzten mich in voller Präsenz. Ich sah mich vor meinem inneren Auge ins Kaugummifach grabschen und eine Handvoll Packungen an die Köpfe sämtlicher Kollegen werfen. Nicht zu vergessen an den Schädel meines Freundes. Mit hochrotem Kopf  und herausquellenden Augen, Dampf aus den Ohren schießend. Mein Körper wie er vor Wut ein riesiges Loch in den Supermarktboden stampft. Ein Sirenenartiges Geschrei aus meinem Munde.
Aber ich lächelte nur bemüht und riss mich am Riemen. Alles andere wäre mir eh nur wieder falsch ausgelegt worden.

Mal bewegte ich mich im Tal "Zu-Tode-betrübt" und mal kletterte ich auf den "Mount Himmelhochjauchzend". Wobei zweiteres leider meist nicht so lang anhielt. Aber ja. Es gab diese Momente, in denen ich mich eigentlich selbst fast schon wieder hasste, weil ich war wie "sie". Mit "sie" meine ich diese debilgrinsenden Frauen, die man immer sieht. Wie sie sich über ihren Bauch streicheln als wollten sie ihre gesamte Umwelt provozieren. "Sieh mal. Ich bin schwanger und schau wie mich das schon jetzt erfüllt. Ich werde so in meiner Mutterrolle aufgehen."
Früher war ich immer genervt von diesen Damen. "Ja mein Gott, Du hast ne riesen Murmel. Wir alle sehen doch, dass Du schwanger bist." Meine Güte. SOOOOWAS besonderes ist das ja auch nun wieder nicht. Vor allem regten mich die Werbemuttis auf. Von Schwangerschaftsratgebern, Hautölen und Teepackungen stechen sie hervor. Genüsslich lächelnd, die Augen geschlossen und die Hände um den Bauch gelegt.

 


Doch nun gehörte ich plötzlich selbst dazu. Nur vorerst ohne Murmel. Aber diese Bauchstreichlerei. Ich weiß nicht wieso, aber das kommt urplötzlich. Automatismus. Gut ich war jetzt keine dieser Vollzeit- Bauchstreichlerinnen. Aber ich erwischte mich immer öfter dabei.

Ich schreibe immer so viel Negatives zum Thema "Mutter werden", dass ich glaube viele schätzen mich völlig falsch ein. Der kleine Cashew- Kern war absolut gewollt. Ich wollte immer jung Mutter werden. Wobei ich hier auch sagen muss, dass ich kein typisch "Oh wie süß ein Baby"-Mädchen bin. Ich sah mich immer mit einem 3-Jährigen Kind an der Hand. Will nicht sagen, dass mir nicht klar war, dass das Babyalter zu dem Kind dazu gehört, ich hatte das nur irgendwie immer ausgeblendet.
und wenn man dann bestätigt bekommt, dass man Mutter wird, dann wird einem erstmal klar, was man da angerichtet hat. Dass man sich der Verantwortung nun nicht mehr entziehen kann. Negative Gedanken sind dann gar nicht so ungewöhnlich.

Es gibt wahnsinnig viele Frauen, die urplötzlich unter völliger Überforderung leiden.
Sie planen ein Baby und sind sie dann schwanger, möchten sie es am liebsten wieder rückgängig machen. Denken über Abtreibung nach und so weiter.
Leider wird aber nicht ganz so häufig davon berichtet, wie von den rosapuffigen, schönsten Emotionen einer Neu- Schwangeren. Man hört von irgendwelchen Hormonschwankungen und denkt, dass Schwangere ab und zu mal ein bisschen zickig sind, oder sehr nah am Wasser gebaut. Böse Unterschätzung. Das Hirn macht so viel mehr mit einem. Nur ausprechen darf man das bloß nicht. Dann kommen nämlich die Kommentare von den Männern: "Du wolltest doch schwanger werden." Oder noch viel schlimmer: Die militanten Muttertiere.
Die die selber schwanger sind, oder eben bereits Mütter. Und von denen wird man gesteinigt. Strafende Kommentare und böse, verständnislose Blicke muss man ernten. Für jeden negativen Gedanken, den man sich wagt auszusprechen. Für jedes Glücksgefühl, das sie hatten aber man selber nicht. Schande. Schande über die Häupter aller Frauen, die nicht die ganze Zeit überglücklich über ihre Bäuche streicheln!
Man hat als Schwangere gefälligst mit sich und der Umwelt im Reinen zu sein. Und verdammt nochmal. Schwangersein ist doch SOOOOOO schön. Das Schönste im Leben einer Frau. und man fühlt sich so weiblich.  
Ja. JA WIRKLICH. Frauen berichten, sie fühlten sich in der Schwangerschaft so weiblich. Ernsthaft? Wie fühlt man sich denn vorher?
 Ich will nicht abstreiten, dass ich mich nicht auch weiblich fühle. Aber das tat ich zuvor auch. Brüste und Vagina sind ja nicht erst mit der Schwangerschaft entstanden. Also bei mir war das alles schon vorher da. Und ich bilde mir ein, ohne diese Apparate säße ich jetzt nicht hier und wartete auf die Wehen.
Aber gut. Was viele wohl meinen, sind die neuen Rundungen am Körper.
Wenn man aber schon vorher einiges an Rundungen zu bieten hatte, vor allem wenn diese gar nicht immer so gewünscht waren, sieht man ganz schön alt aus. Und wenn einen dann die Leute fragen "uuund fühlst Du Dich auch so schön und sexy?" und wenn sie sagen "Genieß die Zeit"- man möchte ihnen eine Ohrfeige geben.
Ich fühlte mich die ersten 3 Monate aufgebläht und dann schwammig. Wassereinlagerungen und Streifen begannen schon bald, meinen Körper zu zieren.
Aber ich gebe eines zu. Trug ich vor dem erkennbaren Babybauch immer nur Oversize Shirts, um meine Problemzönchen zu vertuschen, konnte ich mit Babyplautze ENDLICH wieder enganliegende Kleidung tragen. Nie war mein Bauch straffer! Plötzlich ließen mich die engen Sachen schlanker aussehen und das ist das einzige, was ich an dieser Schwangerschaft vermissen werde. Plötzlich machten mich meine Oversize Klamotten zu einer Zeltgestalt.

Bin mal gespannt, wie das in ein paar Tagen ist. Ich kann es trotzdem kaum erwarten, endlich meine Klamotten wieder anziehen zu können. Und meine Schuhe, die mir zu unbequem waren.
Hallo- oh ihr vielen Shirts. Hallo Absatzschuhe. Bald habt ihr mich wieder, ich freue mich so auf euch. <3

Ich werde nun meiner Essensgier nachkommen. NOCH kann ich ja. Nutzen wir also die letzten Stunden voller Zufriedenheit, bevor es wieder um das leidige Thema "Wunschfigur" geht.

Morgen um 9:30 Uhr soll ich mit gepackter Tasche in die Klinik kommen.
Womöglich werde ich eingeleitet und werde den Bauchbewohner schon übermorgen (oder überübermorgen) kennen lernen.

Liebst Thess.



Sonntag, 4. Januar 2015

Kurze Erfrischung gefällig?

Meine Güte, ich hatte nicht geahnt, dass es doch so einige Leser gibt.
Beinahe hätte ich den Gedanken weiter zu bloggen verworfen, weil ich dachte, dass sich das eh kein Mensch durchliest. Ich wurde heute eines besseren belehrt und habe gesagt bekommen, dass einige Leute ein bisschen traurig wurden und das ein oder andere Tränchen geflossen ist.
Daher mal was zur Erheiterung, bevor es zum nächsten Gefühlsausbruch kommt. Da ich trotz schwieriger Zeiten immer sehr selbstironisch bin und so manch Albernheiten liebe, hier ein bisschen Quatsch für euch- mein absolutes Lieblingsgedicht von Heinz Erhardt:

 

Ansonsten: Tiervideos gehen übrigens auch immer :-D. Fühlt euch gern animiert, eure liebsten Erheiterungsvideos in die Kommentarleiste zu posten. Wir wollen ja nicht, dass einer meiner Leser ernsthaften Schaden von meinem Geschreibsel trägt.

In Liebe Thess <3


"Hallo, ich bin die Neue und ich bin schwanger."

Vielen Dank für eure Nachrichten und Kommentare zu meinem letzten Posting. Einige hatten Schwierigkeiten das zu verdauen. Und ich ja auch. Ich verspreche: irgendwann wirds hier etwas gemütlicher. Aber um all meine Gefühle und Gedanken zu dieser Schwangerschaft zu verstehen, ist nunmal ein bisschen Vorgeschichte gefragt.

Ich erfuhr also 3 Tage vor Beginn meines neuen Jobs von der Schwangerschaft. Und auch davon, dass sowohl mein Freund, als auch ich irgendwie doch nicht so bereit waren, wie wir dachten. Starkes Ding.
Für mich war aber klar, dass ich sofort mit offenen Karten spielen wollte und meinem neuen Arbeitgeber nicht erst 12 Wochen später über "meine Umstände" informieren würde. Ich sollte nämlich für ein Unternehmen den lokalen Markt aufbauen. Ich wurde als einzige dafür eingestellt und sollte das Ding jetzt reißen. Ich wollte so fair sein und ihnen die Möglichkeit geben, sich schonmal darauf einzustellen, ich wusste ja nicht, welche Schwangerschaftserscheinungen mich erwarten würden und inwieweit ich überhaupt für den Außendienst einsetzbar war. Ich bin nämlich eine von wenig Vertrieblerinnen, die ohne Führerschein unterwegs ist und somit mit den Öffentlichen durch die Gegend tingelt.

Im Office angekommen schnappte ich mir sofort den Vorgesetzten, der mich herzlich in Empfang nahm. Ich dachte mir so: "Mal gucken wie lang der so nett bleibt." hatte ich doch eine ziemlich harte Botschaft für ihn. Ich war ein wenig nervös und wusste auch nicht so richtig, wie ich ihm das jetzt aufs Brot schmieren sollte. Aber gut. Was muss, das muss.
Ich erklärte ihm also meine Situation. Er ist selber Vater zweier Kinder und reagierte ziemlich verständnisvoll. Erst sprach der Vater in ihm, dann der Geschäftsmann. Natürlich müsse er das jetzt nochmal mit der Personalabteilung besprechen.
Am Ende des Tages wurde ich in das Besprechungszimmer geholt und sie fragten mich, ob ich den Job noch wolle. Und erklärten mir, dass ich bereits unter Mutterschutz stünde und daran nichts zu rütteln sei. Ob ich mir den Job jetzt noch zutraue und so weiter. Die eigentliche Intention dieses Gesprächs war, jedenfalls kam es mir so vor, mir einen Aufhebungsvertrag schmackhaft zu machen. Das wollte ich aber auf keinen Fall. 1. Hatte ich mich auf diesen Job gefreut und 2. hätte ich in diesem Zustand doch niemals auf die Schnelle eine neue Stelle bekommen und Arbeitslosengeld hätte es auch nicht gegeben. Ich konnte das also gar nicht annehmen. Blöd für die, aber für mich ja irgendwie auch. Mir war klar, dass ich nicht die Lieblingsmitarbeiterin würde und versprach, jetzt einfach doppelt Gas zu geben.
Gleichzeitig hatte ich auch Angst. Was war wenn mir der Job doch nicht gefallen würde? Ich konnte mich ja nichtmal kündigen lassen. Mir schwante böses.

Ich legte los und bemerkte schon in den ersten Tagen, dass die Vorstellungen meines Vorgesetzten ins Unmögliche reichten. Seine Vorstellung waren 8 Termine pro Tag mit potenziellen Kunden und mind. 2 Abschlüsse pro Woche. Ähem. Ja. Also ich arbeite ja nun doch schon ein Weilchen im Vertrieb und wusste direkt, dass das nicht machbar ist. Das versuchte ich ihm auch beizubringen, aber er meinte ich müsse jetzt eben extraschnell alles aufbauen. Denn bald wäre ich ja nicht mehr normal einsetzbar. Von diesen absurden Vorstellungen ließ er sich nicht abbringen, was bei mir einen unnötigen Druck aufbaute, der nicht nötig gewesen wäre, da ich ein Mensch bin, der sich selbst schon viel zu viel unter Druck setzt. Weil ich beweisen will, was ich drauf habe. Alles weitere überfordert mich eigentlich nur, oder löst bei mir ein gewisses Maß an Trotz aus. Wenn die Zielerreichung völlig unrealisitisch ist, löst das bei mir nicht unbedingt höhere Produktivität aus, weil ich sowieso weiß, dass egal was ich mache, meine Ergebnisse nicht zufriedenstellend sein werden. Das heißt nicht, dass ich dann weniger arbeite. Ich gebe immer mein Bestes. Aber so richtig Freude habe ich dabei dann nicht.

Ich wurde relativ fix in die Realität katapultiert und merkte, dass das Produkt für den lokalen Markt gar nicht mal so sexy war, wie mir vorher angepriesen wurde. Auch war es mir nicht möglich, meine eigenen Strukturen zu schaffen, wie es mir vorher versprochen wurde. Es hieß es gäbe kein Konzept und ich sei dafür zuständig, ein solches mit Hilfe meiner Erfahrung zu erstellen. Pustekuchen. Der Vorgesetzte wollte lieber so ein "Hauruck- Ding". Einfach mal rumprobieren. Unsere Vorstellungen gingen ziemlich auseinander. Es passte einfach nicht und ich war gespannt, wie sich das in Zukunft zusammen finden sollte. Ich blieb erstmal locker und zog mein Ding durch, allerdings hatte ich nicht lange die Möglichkeit dazu.

Ich möchte niemanden mit öden Firmengeschichten langweilen. Um es kurz zu machen. Ich fühlte mich relativ schnell unwohl mit dieser Arbeit und wusste es gab keinen Weg hinaus. Wegen diesem blöden Mutterschutz und eines Tages passierte das, womit ich nicht mehr gerechnet hatte.

Ich bekam zwischen 2 Terminen einen totalen Nervenzusammenbruch. Mitten am Kudamm in Charlottenburg.
Totalausfall. Heulend zusammen gebrochen bin ich. Mitten auf der Straße. Ich litt mal an einer Panik-/Angststörung und an Depressionen. Die hatte ich eigentlich einigermaßen überwunden, nach jahrelanger Therapie führte ich nun ein eigentlich glückliches Leben. Und plötzlich holte mich alles wieder ein. Ausgelöst durch Stress kombiniert mit Schwangerschaftshormonen.
Glücklicherweise arbeitet mein Freund auch am Ku´damm ungefähr 3 Busstationen entfernt von dem Standort, an dem ich mich befand. In der Firma, in der ich auch ein Jahr lang gearbeitet hatte und ihn kennen lernte. Ich schleppte mich mit den letzten Kräften dort hin und er hat Gott sei Dank genau das Richtige getan. Er war einfach da. Hinterfragte die Situation nicht und versuchte einfach mich zu trösten.
Es half. Ich machte mich auf den Weg zum nächsten Termin. Dieser lag zufälliger Weise in meiner Wohngegend- mein Glück. Denn beim nächsten Termin angekommen stutzte ich nochmal alles zurecht, wuschelte mir nochmal durchs Haar und atmete tief durch. Nahm mir vor hochprofessionell zu sein und danach die Mittagspause zu Hause zu verbringen, ehe es zurück ins Office ging.
Ich betrat motiviert den Laden und ein Mitarbeiter sah mich verständnislos an, als ich nach seinem Boss verlangte, mit dem ich einen Termin hatte. "Der is nicht da". Aha. Nicht da also. Ich war wütend. Hatte mehrfach mit dem Mann telefoniert und dann das.

Kaum aus dem Laden raus gestolpert überkam mich wieder ein Tränenschwall. Ich glaub ich sah aus, wie aus einem Manga Comic. Wo die Tränen nur so aus den Augen spritzen. In alle Richtungen. Schonwieder ein Nervenzusammenbruch. Langsam machte ich mir Sorgen, dass mich meine Vergangenheit einholen würde.
Mir war klar, es würde an diesem Tag nichts mehr bringen. Ich ging zu meiner Hausärztin, die mich schon seit über 10 Jahren kennt. Eine Göttin für mich. Wie oft hat mir diese Frau wieder ein Stück Boden unter die Füßlein geschoben, wenn bei mir nichts mehr ging.
Es gibt nicht viele Ärzte, die dermaßen empathisch und liebevoll sind. Nach so vielen Jahren nimmt sich die Frau für jeden Patienten Zeit. Man kann keine Termine in dieser Praxis machen. Man muss hingehen und warten, aber dafür genießt man ihre volle Aufmerksamkeit und wird nicht einfach so abgebügelt.
Kaum hatte ich den Raum betreten sah sie, dass etwas nicht stimmte. Ich trollte mich wie ein Häufchen Elend auf den Stuhl und sofort kam sie mit ihrem "rumgerollert" und nahm meine Hand und wartete. Sie sagte nichts. Sie hat einfach nur gewartet bis ich ein wenig ausgeweint hatte. Diese Erinnerung ist mir als eine solch liebevolle geblieben, meine Augen füllen sich direkt wieder mit Flüssigkeit. Aber diesmal nicht aus Traurigkeit, sondern weil ich so gerührt und dankbar bin, dass diese Frau in diesem Moment sofort erkannt hat, was zu tun war.

Sie verstand mich und schrieb mich erstmal krank. Es war erkennbar, dass ich nicht nur einen kurzzeitigen Ausfall hatte. Ich hatte die typischen Panik Symptome und das machte mir totale Angst. Als ich mich damals 3 Tage vor meinem 16. Geburtstag freiwillig in eine Psychatrie einweisen lassen habe, begann die schlimmste Zeit meines Lebens. Aufgenommen wurde ich wegen meinen Depressionen und in den 2 Monaten Aufenthalt entwickelte sich eine richtige Psychose. Ich hatte jahrelang mit einer Angststörung zu kämpfen. Ich musste alles neu lernen. War monatelang nicht in der Lage das Haus zu verlassen. Ich hatte vor nichts Angst, aber mein Körper spielte verrückt. Als hätte ich Drogen genommen. Probleme mit Nähe, Gefühlskälte...Von zugeschnürter Kehle, bis hin zum Gefühl jemand greife beim Laufen immer wieder nach meinen Beinen war alles dabei. Sodbrennen, Gefühl der Ohnmacht, Atemnot, Übelkeit, Schwindel und weitere körperliche Belastungen waren meine Wegbegleiter. Über Jahre.
Und deswegen stieg mir auch an diesem Tag die Panik hoch. Nochmal würde ich das nicht durchstehen. Nie wieder wollte ich das durchmachen.

Meine Ärztin wusste das alles noch. Ich sollte nochmal wiederkommen. Außerdem legte sie mir ein Beschäftigungsverbot ans Herz. Das konnte ich gar nicht glauben. Ich war ja grad mal in der 7. Woche schwanger. Sie war aber ernsthaft besorgt.

Ich traf mich am nächsten mit meinem Vorgesetzten, um ihm die Situation zu schildern. Auch dieser gab mir zu verstehen, dass ein Beschäftigungsverbot wahrscheinlich die beste Lösung für alle sei.
Meine Frauenärztin wollte mir ein solches nicht ausstellen. Sie sagte dass sie zwar, dass sie die Meinung vertrete, dass ich arbeitsunfähig sei, aber ich sollte mich doch weiterhin krankschreiben lassen.
Auf Dauer war das aber keine Lösung. Nach 6 Wochen rutscht man dann nämlich ins Krankengeld und  dann hätte ich meinen Lebensunterhalt überhaupt nicht finanzieren können. Miete und Co wollen ja schließlich weiterhin bezahlt werden. Keine Ahnung weshalb die Ärzte dermaßen mit den Beschäftigungsverboten rumgeizen, wenn es um psychische Krankheiten geht. Die Frau hatte einfach überhaupt keine Ahnung. Ich sollte mir einen Therapeuten suchen und eine Woche später wieder kommen. Ja. Danke für den Tipp. Ich suchte längst nach einem Therapeuten, aber wer sich mal ein wenig damit beschäftigt hat weiß, dass man nicht so ohne weiteres mal eben einen Platz bekommt.
Ich hatte bereits 7!! Therapeuten mit Krankenkassezulassung auf den AB gesprochen und keiner von denen hatte sich überhaupt erst zurück gemeldet.In Berlin wartet man üblicher Weise ca. 6 Monate auf einen Therapieplatz.

Diese Gynäkologin hatte nicht verstanden worum es ging. Ich hatte nicht einfach nur ein paar Schwangerschaftshormone. Ich hatte Herzrasen, Kopfschmerzen und Ohnmachtsgefühle und Panikattacken, aber diese Frau war leider eine klassische "Fachidiotin", von Psychologie keine Ahnung.

In einem tollen Forum, wo sich Schwangere, Mütter und die, die es mal werden wollen austauschen, habe ich sehr viele liebe Frauen kennen gelernt, die mir in der Zeit ganz toll geholfen haben. Haben mir Adressen rausgesucht und mich darüber aufgeklärt, dass jeder niedergelassener Arzt ein Beschäftigungsverbot ausstellen könnte.
Weil meine Hausärztin das vorher noch nie gemacht hatte, haben mir ein paar Mädels sogar Vorlagen rausgesucht, die meine Ärztin dann ausfüllen konnte.
Das tat sie auch sofort, obwohl ich sie auch darüber aufklärte, dass es gelegentlich Kontrollen gäbe und einige Ärzte Angst haben, selbst für den "Schaden" aufkommen zu müssen und deshalb so mit diesen Dingern rumgeizen. Frau Dr. winkte nur ab und meinte die sollen nur kommen, sie könne das sehr gut mit sich vereinbaren, da sie um die körperlichen Probleme bei einer Angsstörung weiß und das genau diese, sehr wohl auch für das Ungeborene gefährlich werden können. Sie stand zu 100% zu ihrer Meinung und machte mir so viel Mut.

8. Schwangerschafts- Woche und schon ein Beschäftigungsverbot. Der Stempel "arbeitsunfähig" war aufgedrückt und irgendwie erschien mir das natürlich ziemlich blöd. Andere Frauen hatten schließlich auch zu kämpfen. Aber in den kommenden Tagen und Wochen war ich schon bald sehr froh, dass ich die Möglichkeit hatte, mich einzuigeln und mir Hilfe zu suchen.
Ich fand dann zufällig relativ fix eine Psychologin und war so sehr mit mir selbst beschäftigt wie noch nie. Ich weinte tagelang durch und schlief und schlief und schlief. Noch nie war ich so müde, wie in den ersten Wochen. Nie fühlte ich mich so überfordert und niemals war ich körperlich derart geschwächt.

Es hat mir so geholfen wenigstens zu Hause sein zu dürfen. Ich bin meiner Hausärztin so dankbar.

Die körperlichen Stresssymptome, nahmen relativ schnell ab. Vor allem das Herzrasen setzte mir sehr zu, weil ich Sorge hatte, dass dieses zu Herzrythumsstörungen beim Bauchbewohner führen konnte.

Ein zauberhafter Schwangerschaftsbeginn nicht wahr?
Dennoch bin ich sehr dankbar, dass ich wenigstens vom Erbrechen verschont geblieben bin. Ich hatte nur wenig mit Übelkeit zu kämpfen und musste mich nicht einmal übergeben, worüber ich sehr sehr froh bin. In dem Forum wo ich fleißig mitschrieb, berichteten Frauen von ihrer Übelkeit. Manche hatten das bis zum Schluss- die Armen!!
Ansonsten ziehe ich den Hut vor ALLEN Frauen, die bis zum Schluss arbeiten gehen. Unglaublich!! Ich hatte die ganzen Schwangerschaftssymptome ja so unterschätzt...

LG Thess