Sonntag, 28. Dezember 2014

"Schatz ich bin schwanger!"

Strahlend betrete ich das Wohnzimmer. Ich trage ein wunderschönes Kleid, habe rosige Wangen und einen Augenaufschlag, der sich gewaschen hat. 
Ich zücke einen Schwangerschaftstest und teile meinem Freund überglücklich und mit Tränen in den Augen mit: "Schatz,  ich bin schwanger".   - So oder so ähnlich stellte ich mir das Jahre lang vor.
Ich malte mir aus wie man eine solche frohe Botschaft übermitteln könnte. Wie glücklich mein Partner mich in den Arm nehmen würde und wir beide Tränen vor Freude weinen. Aber dann kam alles ganz anders. Völlig anders. Und daran habe ich wirklich sehr zu knabbern. Denn diese einmalige Situation wird nie wieder eintreten. Ich werde niemals wieder die Möglichkeit haben, meine erste Schwangerschaft so zu übermitteln. Ich bin sehr traurig darüber...

Anfang des Jahres planten mein Freund und ich ein Baby zu bekommen. Er ist der Mann, den ich wollte. Er ist der Mann, der der Vater meiner Kinder sein sollte. Es lief bis dahin nahezu perfekt und ich machte mir keinerlei Gedanken, wieso das alles nicht funktionieren sollte. Ich malte mir eine tolle Schwangerschaft aus. Eine in der ich verwöhnt würde und ich mich fühlen könnte, als sei ich etwas ganz besonderes. Seine Prinzessin. Auf die er stolz ist, weil sie ihm ein Kind gebären würde. Ich war mir immer sicher- DIESER Mann wird alles dafür tun, dass es mir und dem Baby gut ginge.

Wir stellten uns darauf ein, dass wir so um die 4,5 oder 6 Übungszyklen bräuchten, um schwanger zu werden. Niemand rechnete damit, dass der erste Schuss gleich ein Treffer würde. War er aber! :-D Nix mit üben. Da waren Profis am Werk. 
Nichtsahnend habe ich Ende April noch eine Weißheitszahn- OP über mich ergehen lassen. Da ich mir alle 4 Zähne gleichzeitig ziehen lassen wollte, habe ich beschlossen die ganze Nummer mit einer Sedierung (Dämmerschlaf) zu überstehen. Eine normale Betäubung hätte ich nicht gepackt, da tiiiierischste Angst vor Schmerzen. Diese Sedierung hätte man mir nicht gegeben, wenn man gewusst hätte, dass ich zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger war. Aber wir wussten es ja nicht. Sonst hätte ich mir mit Sicherheit auch eine derartige OP verkniffen, da die Wundheilung in der Schwangerschaft noch langsamer vonstattengeht.
Mein Freund meldete extra 3 Tage homeoffice an, damit ich die Tage nach der OP nicht alleine zu Hause sein musste. Es waren furchtbare Tage, ich lebte in einer Schmerzblase und meinem Freund muss es so vorgekommen sein, als hätte er eine 3-Jährige zu Hause. Ich jammerte und wimmerte und schlief. Mehr nicht. Er hatte zu der Zeit ziemlich viel Stress auf Arbeit und war ohnehin schon etwas gereizter als sonst. Es hätte keinen ungünstigeren Zeitpunkt geben können, um von einer Schwangerschaft zu erfahren.

Sehr auffällig war, dass ich tierische Schmerzen in der Brust hatte. Nicht ganz ungewohnt, vor der monatlichen "Plage" mit der eine jede Frau zu kämpfen hat. Da mein Zyklus immer ziemlich unregelmäßig war, wusste ich nie so richtig, wann ich meine Periode bekommen würde. Aber irgendwie hatte ich so ein seltsames Gefühl, das mich einen Schwangerschaftstest hat machen lassen. Und was soll ich sagen... Ich glaubte meinen Augen kaum, aber laut Test sollte ich schwanger sein. Ich möchte an der Stelle nochmal erwähnen, dass wir im 1.Übungszyklus (den wir noch nichtmal ernst genommen hatten, da ich ja meine fruchtbaren Tage eh nicht ausrechnen konnte) direkt nen Volltreffer gelandet haben. Ohne zu viel preiszugeben zu wollen: Nein wir sind nicht täglich wie die Hasen übereinander hergefallen. Aber um ein Kind zu zeugen, reichen eben auch manchmal 1-2 leidenschaftliche Nächte aus.

Ich war noch ziemlich geschwächt von den Schmerzen, war vollgepumpt mit Schmerzmitteln die nur mäßig wirkten und habe ein paar Tage zuvor meinen Geburtstag zelebriert, mit einer Menge Alkohol und Tabak. Ich war geschockt. Ich war schwanger und offenbar tat ich alles, um dem kleinen heranwachsenden Wesen den Einstieg so schwer wie nur möglich zu machen. Ich wurde panisch. Mir schossen Tränen in die Augen und ich war völlig überfordert. Ich rannte in die Küche und schrie hysterisch "Scheiße, ich glaub ich bin schwanger" und weinte und weinte und weinte. Naja und mein Partner war selber so perplex, dass auch seine Reaktion nicht besonders freudig ausfiel. Ja so hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt.
Ein Blick auf den Kalender verriet: 2.Mai. Brückentag. Yeah. Ich habe glaube ganz Berlin abtelefoniert und kein verdammter Gynäkologe hatte geöffnet- Wochenende stand auch vor der Tür. Noch 3 Tage warten um das abzuklären? Nicht mit mir! Sofort ins Krankenhaus! Ich dachte nämlich ich dürfe nun keine Antibiotika mehr nehmen und hatte auch davon gehört, dass Ibuprofen in der Schwangerschaft Tabu seien.
Im Krankenhaus angekommen, wollten sie mich erst gar nicht aufnehmen. Schließlich sei das ja eine Angelegenheit, die man ambulant klären könne. Diskussionen meinerseits und ein Wutausbruch halfen weiter. Ich hatte ja die Ibus nicht mehr genommen und der Wundschmerz betäubte meinen ganzen Körper und vor allem mein eh schon angeknackstes Nervenkostüm.
Ich durfte 3 1/2 Stunden warten, nahm keine Schmerzmittel und hing halbtot im Wartebereich. Keine Sau kümmerte sich. Mein Freund fuhr nochmal nach Hause, um seinen Lappi zu holen, damit er etwas arbeiten konnte und fuhr zu einer Notfall- Apotheke, um mir ein Schmerzmittel zu besorgen, dass ich einnehmen konnte.

Als ich endlich dran war, durfte ich erstmal in einen Becher pullern und um das Ganze mal kurz zu gestalten: Die Schwangerschaft wurde bestätigt. Ein Ultraschall wies auf ca. 5.Schwangerschaftswoche hin. Mein Freund und ich blickten  uns nur ratlos an. Keine Freude in seinen Augen. Und weil alles so blöd gelaufen war auch nicht in meinen. Das Antibiotikum welches ich genommen hatte war glücklicherweise eines, welches man in der Schwangerschaft nehmen darf und die Schmerzmittel sagte die Ärztin seien auch nur ab der 36. Woche nicht mehr für Schwangere geeignet.
Völlig erschöpft und schweigend fuhren wir nach Hause. Ich war so müde. Hatte keine Kraft mehr und schlief sofort in meinem Krankenbett ein...

So erfuhren wir von unserem Baby.
Es ist eine eher traurige und dramatische Erinnerung... aber es kommt noch dicker, denn was dann folgte, löste eine Dominosteinkette von Problemen aus, die sich bis heute in einen Teufelskreis verwandelte.
Und da ich in meinem ersten Posting ja versprach hier alles preiszugeben und meine Seele zu entblößen, habe ich sogar noch ein Foto gefunden, welches ganz gut beschreibt, wie es mir in der Zeit ging. Bis zum nächsten Post!

LG Thess